By the Playbook: So wird die Internationalisierung mit Shopify Plus zum wiederholbaren, strukturierten Prozess

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Mini-Einkaufswagen mit kleinen Kartons drin, daneben die Europäische Flagge
Vermutlich hast du ein Online-Business, sonst wärst du nicht hier und würdest diesen Beitrag lesen. Deshalb sollte es dir auch nicht schwerfallen, dich für ein paar Momente in die Schuhe eines anderen Händlers zu versetzen – im wahrsten Sinne des Wortes.

Denn dein neuer fiktiver Store sitzt in München und verkauft Bergstiefel. Die Geschäfte laufen gut, bald wagen du und dein Team den Schritt über die Grenze Richtung Österreich. Dort gibt es schließlich auch jede Menge Berge, gezahlt wird in Euro, das Land gehört zum Schengenraum und man spricht sogar Deutsch (zumindest fast). Niedriges Risiko also.

Der Shop geht live und das Pilotprojekt funktioniert. Nach ein paar Optimierungsmaßnahmen sind die Conversions okay, die CAC bewegt sich in einem gesunden Rahmen, die Retourenquote fällt sogar niedriger aus als in Deutschland. Große Party, Sektkorken knallen, alle tanzen zu den Biermösl Blosn (wir sind in Bayern) – aber dann stellt jemand die Frage: „Welches Land nehmen wir als Nächstes ins Visier?“

Frankreich oder Italien vielleicht? Womöglich die Schweiz? Aber die haben doch so komplexe Einfuhrgesetze. Skandinavien ist kaufstark, aber gehen die dort überhaupt bergwandern? Und wie steht es um Osteuropa? Wenig Konkurrenz, aber die Lokalisierung kann zur Herausforderung werden … Kurzum: Es gibt kein echtes Market-Prioritization-Modell.

Außerdem hat niemand daran gedacht, die Projektstruktur für das Pilotland Österreich zu dokumentieren oder auch nur Launch-KPIs definiert, um zu analysieren, wann genau der .at-Store sich wirklich als stabil etabliert hat.

Es hilft alles nichts, das nächste Land muss als komplett neues Projekt aufgesetzt werden – mit allem, was dazu gehört: endlose Diskussionen, Hunderte Excel-Sheets, etliche Überstunden. Und du fragst dich still und heimlich: „Muss das eigentlich so sein?“

Natürlich nicht! Wenn du dein Pilotland nicht nur als Markt No. 2 siehst, sondern als Blaupause für ein skalierbares International-Playbook, wird aus deiner Shopify-Internationalisierung kein Flickenteppich, sondern ein strukturierter, wiederholbarer Prozess.

In diesem Beitrag zeigen wir dir, wie du deine Zielländer passend zu deiner Rollout-Strategie auswählst, welche KPIs du festlegen und im Blick behalten musst und wie du alle wichtigen Rollen nach dem RACI-Prinzip verteilst. Am Ende erhältst du ein 8-Wochen-Rollout-Playbook, das du Land für Land abspielen kannst.


Aber Vorsicht, denn:

Mache nie den zweiten Schritt vor dem ersten: Vor dem Rollout kommt die Architektur

Bevor du mit dem Rollout beginnst – ja sogar bevor du diesen Beitrag auch nur weiterliest –, muss die Architektur deiner Systemlandschaft stehen. Als Bundestrainer:in stellst du schließlich auch erst deine Mannschaft zusammen, bevor du über die Taktik für den nächsten Gegner nachdenkst.

Lies also zunächst aufmerksam unseren Beitrag zum Thema „E-Commerce-Architekturen für eine erfolgreiche Internationalisierung“. Dort erfährst du …
  • … ob für dein Business Shopify Markets, Multi-Stores oder ein hybrides Modell die richtige Wahl ist.
  • … wie deine grundlegenden Governance-Strukturen aussehen sollten.
  • … wie deine PIM- und ERP-Logiken aufgebaut sein müssen, um für funktionierende Integration-Patterns zu sorgen.



Grafik zum Shopify Multistore vs. Markets

Erst wenn dein Architekturmodell steht, kann es weitergehen. Unser Playbook beginnt mit der Frage:

Market-Priorization statt Bauchgefühl: Wie legst du die Länderreihenfolge für eine erfolgreiche Internationalisierung fest?

Klar, um international mitzumischen, solltest du zuallererst festlegen, in welche Länder dich deine Reise führt. Schnellschüsse à la: „Luxemburg ist gut, die haben viel Geld“, erweisen sich dabei allerdings meist als Rohrkrepierer.

Deutlich besser ist es, anhand eines Frameworks vorzugehen und auf Daten basierende Prioritäten zu setzen. Dabei muss das Rad natürlich nicht neu erfunden werden. Das moderne Projektmanagement kennt bereits Methoden, die sich gebündelt auf den E-Commerce übertragen lassen.

Das Beste aus dem PM-Werkzeugkoffer: Grundlagen des Frameworks

Wir bedienen uns großzügig aus allem, was Projektplaner:innen in ihrer täglichen Arbeit nutzen. Unser Framework besteht aus:

RICE-Scoring

Das RICE-Scoring ist eine Priorisierungsmethode, die häufig im Produktmanagement und in der Feature-Entwicklung eingesetzt wird. Sie hilft dabei, objektiv zu entscheiden, welche Ideen oder Aufgaben zuerst umgesetzt werden sollten. Der Name RICE steht für vier Faktoren:
  • Reach: Wie viele Menschen werden von der Maßnahme innerhalb eines bestimmten Zeitraums erreicht?
  • Impact: Welche Auswirkungen hat die Maßnahme auf die Zielgruppe?
  • Confidence: Wie sicher sind meine Annahmen zu Reach und Impact?
  • Effort: Wieviel Aufwand muss betrieben werden, um die Maßnahme umzusetzen?
Die RICE-Formel sie so aus:

RICE = (Reach × Impact × Confidence) / Effort

Dabei wird Reach als die maximal erreichbare Anzahl Menschen angegeben, Impact als Koeffizient zwischen 0 und 3 (mit 3 = maximaler Impact), Confidence als Prozentsatz (0,8 entspricht soliden Daten) und Effort in geschätzten Personentagen oder -monaten.

Für den E-Commerce lässt sich RICE gut adaptieren. Reach entspricht den potenziellen Kund:innen im Zielland, Impact richtet sich nach Faktoren wie Wettbewerbsintensität oder Nachfragesignalen. Confidence und Effort können analog übernommen werden.

Weighted Scoring

Weighted Scoring ist eine Priorisierungsmethode, bei der Kriterien zunächst definiert und dann mit einer Zahl zwischen 0 und 1 gewichtet werden. Je größer die Zahl, desto wichtiger das Kriterium. Anschließend können diese Gewichte nun je nach Option bewertet werden. Dazu wird das Gewicht mit der Wertung (meist eine Zahl zwischen 0 und 5) multipliziert, die Ergebnisse dann addiert. Und bevor jemand den Naseweis spielt: Alle Koeffizienten sind größer 0.

Wenn du dich für eine Option zum Abendessen – zuhause oder im Restaurant – entscheidest, könnte das Ganze also so aussehen:
Kriterium Gewicht Zuhause essen (Bewertung) Zuhause essen (Score) Restaurant (Bewertung) Restaurant (Score)
Geschmack 0,4 4 1,6 5 2,0
Kosten 0,2 5 1,0 2 0,4
Ambiente 0,2 2 0,4 5 1,0
Aufwand 0,2 2 0,4 5 1,0
Gesamt 1,0
3,4
4,4
Die Entscheidung ist eindeutig: Wir gehen ins Restaurant! Natürlich lassen sich auch im E-Commerce Kriterien festlegen, die gewichtet und anschließend je nach Zielland bewertet werden können.

Value vs. Effort Matrix

Zuletzt hilft eine Value vs. Effort Matrix. Vor allem, wenn es schnell gehen und sich ein einfacher Überblick über die Prioritäten einer Aufgabe verschafft werden soll. Dazu werden zunächst die anstehenden Tasks definiert und anschließend in einem 2×2 einsortiert. Die x-Achse stellt den Aufwand von hoch bis niedrig dar, auf der y-Achse wird der Nutzen von niedrig bis hoch abgetragen (Anm. d. Red: Ja, es gibt auch andere Einteilungen der Achsen, aber die sind blöd. Aus Jahren des Mathematikunterrichts sind wir es gewohnt, die besten Werte oben rechts zu suchen).

Je nachdem, wo ein Task im Diagramm landet, sollte er bei der Umsetzung priorisiert werden: Aufgaben mit hohem Wert und geringem Aufwand (oben rechts) stehen ganz weit vorn auf der To-do-Liste. Von allem, was unten links abgetragen wird (geringer Wert, hoher Aufwand), lässt du besser die Finger.

Auch die Value vs. Effort Matrix lässt sich für den E-Commerce adaptieren. Im Zusammenspiel wird aus den drei Werkzeugen ein Market-Prioritization-Modell, das auch wir in unserer Arbeit nutzen. Aber Moment mal, das fehlt doch was! Die Kriterien, anhand derer du Bewertungen vornehmen und Entscheidungen treffen kannst:

Entscheidungsfaktoren: Kriterien für die Marktpriorisierung

Ohne große Vorrede starten wir gleich mit der Liste. Mögliche Kriterien sind:

Das Marktpotenzial

Ganz klar: Je attraktiver ein Markt für dich ist, desto stärker sollte er gewichtet werden. Dabei spielt natürlich die reine Marktgröße eine Rolle, aber auch, wie gut deine Chancen auf Umsatz sind. Veganen Fleischersatz in den American Beef Belt verkaufen? Gar keine gute Idee.

Regulatorische Risiken

Der Schengenraum ist einfach, die Schweiz und das UK erhöhen die Hürden, nach Australien darf gefühlt jede zweite Ware nicht exportiert werden und die USA halten zwar nichts von Verbraucherschutz, haben aber einen stabilen Genius als Präsidenten. Steuern, Produktregeln und Compliance sind hier deine entscheidenden Faktoren.

Logistik & Fulfillment

Wie gut ist das Verkehrsnetzwerk im Zielland ausgebaut? Gibt es zentral gelegene Logistikzentren? Verteilt sich die Bevölkerung auf wenige Ballungszentren oder viele kleine Dörfer? Solche und ähnliche Fragen bestimmen die Gewichtung dieses Kriteriums.

Sprache & Lokalisierungskosten

Deutsch sprichst du selbst, Englisch kann fast jede:r und irgendjemand, der Französisch beherrscht, lässt sich meist auch noch finden. Aber Finnisch? Vergiss außerdem nicht, dass zur Lokalisierung nicht nur die Sprache gehört. Für einige Zielländer ist es nötig, auch Produktbilder, UX und UI anzupassen.

Wettbewerbsintensität & Differenzierungspotenzial

Bist du mit deinem Produkt First Mover im Zielland oder gibt es dort schon Konkurrenz? Und wenn ja, wie stark hebst du dich von ihr ab? Ein Markt, der dein Angebot noch nie gesehen hat, besitzt zwar ganz eigene Herausforderungen, aber auch gewaltige Chancen.

Kontakte

Sollten schon Kontakte im Ausland bestehen – etwa Partnerschaften mit Produktionsunternehmen –, kann das ein massiver Vorteil sein. Netzwerke lassen sich so deutlich leichter ausbauen und Ressourcen akquirieren.

Nachfragesignale

Falls du bereits öfter Bestellungen aus einem bestimmten Land erhältst, du dort regelmäßig in den Anfragen an Suchmaschinen auftauchst oder in den lokalen sozialen Medien über dich gesprochen wird, ist das ebenfalls ein Entscheidungskriterium. Immerhin scheinen die Menschen vor Ort dich bereits zu kennen.


Erwarteter ROI vs. Implementierungsaufwand

Meist schwer zu prognostizieren, da viele Zahlen in ROI und Implementierung einfließen. Aber genau dafür gibt es ja das bereits erwähnte RICE-Scoring sowie dein hoffentlich kompetentes Analyseteam.

Time-to-Market

Wie schnell lässt sich der Markt realistisch live bringen? Die Antwort auf diese Frage hängt nicht nur von dir ab, sondern auch von deiner möglichen Partneragentur. Spricht man dort von Monaten und nicht von Wochen, wird es Zeit für den großen Agenturwechsel.

Alles in Anschaulich: Die Marktpriorisierung im Beispiel

In der Praxis sieht das Ganze dann beispielhaft so aus: Ein wachsendes mittelständisches Unternehmen möchte den Schritt ins Ausland wagen. Zur Debatte stehen die Niederlande (NL), Frankreich (FR) und Spanien (ES) und zwar aus folgenden Gründen:
  • Niederlande: Sehr E-Commerce-affin, einfache Regulierung, geringe Sprachbarrieren
  • Frankreich: Großer Markt, aber höhere Regulierung und starke Lokalisierungsanforderungen
  • Spanien: Wachsende Nachfrage, moderate Bürokratie, gute Skalierungsmöglichkeiten

Um die gleich folgende Tabelle lesbar zu halten, beschränken wir uns auf vier Kriterien, die unser Unternehmen wie folgt gewichtet:
  • Regulatorische Risiken: 0,3
  • Sprache & Lokalisierungskosten: 0,2
  • Nachfragesignale: 0,3
  • Time-to-Market: 0,2
Eine Analyse der Zielmärkte führt nun zu den Bewertungen der einzelnen Kriterien. Dabei bedeutet 1 = sehr ungünstig und 5 = sehr günstig. Insgesamt ergibt sich:
Kriterium Gewicht NL Bewertung NL Score FR Bewertung FR Score ES Bewertung ES Score
Regulatorische Risiken 0,3 5 1,5 3 0,9 3 0,9
Sprache & Lokalisierungskosten 0,2 4 0,8 2 0,4 3 0,6
Nachfragesignale 0,3 4 1,2 5 1,5 4 1,2
Time-to-Market 0,2 5 1,0 3 0,6 4 0,8
Gesamt 1,0
4,5
3,4
3,5
 Das erste Ziel sind also die Niederlande mit einem Score von 4,5. Spanien und Frankreich liegen in etwa gleichauf (3,4 respektive 3,5), könnten in einem zweiten Schritt also gemeinsam in Angriff genommen werden.

Was uns zu einem letzten Hinweis rund um die Länderpriorisierung bringt:

Gleiches zusammenfassen: Rollouts in Clustern

Oft ist es sinnvoll, Länder mit ähnlicher Sprache, Kultur, Logistik oder Regulatorien in Clustern zusammenzufassen und den Rollout dort quasi als Rundumschlag vorzunehmen. Zwischen Deutschland und Österreich gibt es nicht mal eine Sprachbarriere, die Benelux-Staaten werden nicht umsonst auf ein Wort komprimiert und in Skandinavien halten sich alle für Wikinger.


Cluster beeinflussen, ob du deine internationalen Stores besser Land-für-Land oder in Blöcken ausrollen solltest. Und damit sind wir auch schon beim nächsten großen Punkt unseres Beitrags angekommen:

Die richtige Rollout-Strategie: Land-für-Land, als Big Bang oder lieber Hybrid?

Es gibt nur zwei Länder auf der Welt, in denen du offiziell keine Coca-Cola bekommst: Kuba und Nordkorea. Expansion hat die Brausemarke also drauf. Zunächst ging es aus den USA nach Kanada, dann wurde sukzessive Mittelamerika erschlossen, etwa später Europa in einem Atemzug in den Export integriert.

Was sagt uns das? Es gibt unterschiedliche Strategien für den internationalen Rollout einer Marke. Werfen wir einen kurzen Blick auf deine Optionen:

#1 Der Land-für-Land-Rollout

In Zyklen wird ein Markt nach dem anderen in Angriff genommen. Wenn in Dänemark alles stabil läuft, steht Schweden auf dem Plan, danach Norwegen.

Vorteile
Geringes Risiko

Iterative Lernprozesse

Geringe Belastungsspitzen für Tech und Team

Nachteile
❌ 
Längere Gesamtprojektdauer

Höhere Gesamtkosten

Langsameres Wachstum

Gefahr, dass die Konkurrenz schneller ist

#2 Der Big-Bang-Cutover

Es macht Bumm und die Marke gibt es plötzlich in allen Ländern dieser Welt. Oder zumindest in einigen mehr. Der Big Bang bezeichnet den Rollout in mehrere Ziele gleichzeitig.

Vorteile
✓ Schnelle Expansion

Starkes Wachstum

✓ 
Geringere Gesamtkosten als bei Land-für-Land

Synergieeffekte zwischen Zielländern besser nutzbar

Nachteile
❌ Hohe Komplexität

Risiko von Fehlerkaskaden

Einmaliger großer Ressourcen Peak


#3 Hybride Modelle

Niemand zwingt dich, dich auf Land-für-Land oder Big Bang zu beschränken. Denkbar wäre auch der Rollout im Block für den Schengenraum, um anschließend unsere etwas sonderlichen Nachbarn Schweiz und UK einzeln auszurollen. So kombinierst du die Geschwindigkeit des Big Bangs mit der Sicherheit des Land-für-Land-Prinzips.

Die Gretchenfrage: Welches Modell ist das beste?

Natürlich möchtest du jetzt wissen, welches Modell wir dir empfehlen. Und weil wir Profis sind, antworten wir dir mit: Gar keines – zumindest so lange nicht, bis wir dich und dein Business besser kennengelernt haben.

Denn für die Wahl der richtigen Rollout-Strategie spielen zu viele Faktoren eine Rolle: Über wie viele Ressourcen verfügst du? Hast du bereits Erfahrung mit dem Auslandsgeschäft gesammelt? Sind deine Produkte selbsterklärend und für alle Menschen sofort verständlich? Braucht es für einzelne Märkte besondere Zulassungen oder Zertifikate?

All diese und noch viele weitere Fragen entscheiden über dein Rollout-Modell. Machst du es wie Westwing und erprobst dich zunächst auf einem Markt, um dann sukzessive weitere Ziele ins Auge zu fassen? Oder lieber wie Swanky, die für große Märkte auf die Einzelexpansion gesetzt haben, während kleinere Länder im Cluster ins Portfolio aufgenommen wurden?

Sollte dir eine Agentur sagen, sie habe den universellen Masterplan, dann beendest du das Gespräch am besten sofort. Genauso wie wenn sie dir sagt, dass KPIs nicht so wichtig für die Internationalisierung seien. Denn weiter geht es mit:

KPIs & Monitoring: Ab wann gilt ein neuer Markt als stabil?

Natürlich geht es nicht ohne Kennzahlen. Allerdings gilt auch hier, dass die goldenen Werte für jedes Unternehmen anders aussehen. Feste Zahlen können wir dir also nicht nennen, dafür aber verraten, welche KPIs eine besonders große Rolle für eine gelungene Internationalisierung spielen. Dabei wird unterschieden zwischen:

#1 Launch-KPIs

Launch-KPIs sind vor allem in den ersten Wochen und Monaten nach dem Rollout interessant. Sie weisen auf grundlegende Probleme in deinem neuen Store oder mit deinen Produkten hin, die möglichst schnell abgestellt werden sollten, um dich langfristig zu etablieren. Die wichtigsten Launch-KPIs sind:
  • Conversion Rate (CVR): Es wird ein wenig dauern, bis du eine CVR wie auf dem Heimatmarkt erreichst, aber wenn die Conversions trotz starkem Traffic schlecht sind, liegt die Ursache womöglich eher in der UX des Stores als bei den Produkten.
  • Average Order Value (AOV): Der AOV ist vor allem ein Zeichen für Vertrauen. Steigt er stetig, heißt das, die Menschen vor Ort lernen dein Angebot kennen und schätzen.
  • Early Engagement: Auch Newsletter-Anmeldungen oder Interaktionen auf Social Media sind ein Signal für steigendes Vertrauen in deine Marke. Behalte die Zahlen im Auge.
  • Retourenquote: Ist die Retourenquote hoch, kann das heißen, dass der neue Markt dein Produkt nicht versteht oder anders erwartet hätte. Zeit, die PDPs zu optimieren.
  • Lieferzeiten & Fulfillment-Performance: Lange Lieferzeiten und schleppendes Fulfillment sind ein Hinweis darauf, dass du deinen Logistikpartnern mal auf die Finger klopfen solltest.
  • Support-Aufkommen: Im Support laufen die Fäden zusammen. Hier weiß man oft am besten, warum die Menschen mit deinem Store unzufrieden sind. Lass daher genau Buch führen, warum Tickets eröffnet werden.

#2 BAU-KPIs

BAU- oder Business-As-Usual-KPIs messen die dauerhafte Leistung eines Unternehmens oder Produkts, ohne dass großes Wachstum oder eine Expansion im Fokus stehen. Sie sind also Kennzeichen für langfristigen Erfolg und damit dauerhafte Stabilität. Deine BAU-KPIs heißen:
  • Customer Acquisition Cost (CAC) & Customer Lifetime Value (CLV): Zum Eintritt in einen neuen Markt ist die CAC meist ungewöhnlich hoch. Nach einigen Monaten sollte sie sich aber auf einen Wert einpendeln, der in einem gesunden Verhältnis zum CLV steht.
  • Wiederkaufsrate: Die Wiederkaufsrate ist für zahlreiche Unternehmen einer der wichtigsten Indikatoren für Stabilität. Denn es ist immer die Stammkundschaft, die ein Unternehmen über die Jahre trägt.
  • Langfristige Retouren- und Reklamationsquote: Auch hier sollte nach einigen Monaten ein Wert erreicht werden, der finanziell vertretbar ist. Am besten unter dem im Heimatmarkt, schließlich gelten wir Deutschen als besonders pedantisch und umtauschwütig.
  • Marken-KPIs (Markenbekanntheit, Brand Search, direkte Zugriffe): Verkaufen kannst du nur an Menschen, die deine Brand auch kennen. Aber echte Bekanntheit kommt immer über Zeit. Deshalb gehören die Marken-KPIs ebenfalls zu den langfristigen Erfolgsfaktoren.

Unser Tipp: Setze auf Benchmarks und Stabilitätskorridore

Um dich im Zahlendschungel zurechtzufinden und nicht unnötig in Panik zu verfallen, existieren zwei bewährte Methoden. Die erste ist: Orientiere dich an den Benchmarks für die Region. So gilt in der EU etwa:
  • Die durchschnittliche CVR liegt im B2C-Ecommerce je nach Branche bei 2,5 bis 5 %; im B2B bei 1,5 bis 3 %.
  • Der AOV beträgt für die meisten Brands in Europa 75 bis 120 EUR.
  • Die Retourenquote liegt europaweit bei etwa 8 bis 15 %, kann in der Fashion-Industrie aber auch auf bis zu 40 % raufschnellen.
Solche und ähnliche Werte bekommst du aus zuverlässigen Quellen wie den örtlichen Handelskammern für nahezu die gesamte zivilisierte Welt. Sie bieten dir eine erste gute Orientierung.

Die zweite Methode lautet: Setze keine Grenzen, sondern plane mit Korridoren. Sag also nicht: „Unsere CVR muss 4 % erreichen!“. Sage lieber: „Wenn unsere CVR bei 3 % liegt, schreiben wir schwarze Zahlen. Sollten wir sogar die 5 % knacken, gibt es Gummibärchen für alle!“.

Korridore halten dich flexibel und zielorientiert. Solange nichts krass aus dem Ruder läuft, ist alles in Ordnung.

Zuletzt gilt außerdem: Nutze die Zahlen zur Orientierung, aber versteif dich nicht auf das, was in den Lehrbüchern steht. Wenn du diamantbesetzte Golduhren verkaufst, wirst du niemals eine einstellige CVR erreichen. Dein Unternehmen ist anders als alle anderen – definiere daher immer deine eigenen Benchmarks für jedes Segment. Du weißt selbst am besten, was für dein Business wirklich entscheidend ist.


Aber apropos entscheiden – unser nächster Punkt ist:

Organisation & RACI: Wer macht und entscheidet, was – und wann?

Vor einer Expansion ist es unerlässlich, Rollen zu verteilen und Verantwortlichkeiten zu bestimmen. Bewährt hat sich dabei ganz besonders das RACI-Modell. Was das genau ist, haben wir bereits im vorangegangenen Beitrag genau erklärt. Daher hier nur in aller Kürze:

RACI ist kein Anisschnaps, sondern steht für Responsible, Accountable, Consulted und Informed. Die Frage, die vor der Einführung jedes neuen Prozesses gestellt werden muss, lautet also: Wer ist hier zuständig, rechenschafts-/genehmigungspflichtig, zu konsultieren und zu informieren?

Diese Verantwortlichkeiten lassen sich anschließend hervorragend in Matrizen darstellen. So gibt es keine Diskussion darüber, wer was zu erledigen hat, wer eine Aufgabe verbockt haben könnte oder wer rechtzeitig hätte einlenken müssen.

Eine RACI-Matrix sieht zum Beispiel so aus:
Prozess Verantwortlich (R) Genehmigungspflichtig (A) Konsultiert (C) Informiert (I)
1. Auswahl neuer Zielmärkte Market Research Geschäftsleitung Fulfillment, Legal Marketing, IT
2. Lokalisierung von Website & Shop E-Commerce-Team Produktmanagement Übersetzer, Marketing Support, Vertrieb
3. Logistik & Versandaufbau Operations/Logistik Geschäftsleitung Einkauf, IT Kundenservice, Marketing

Um Prozess No. 1, die Auswahl eines neuen Zielmarktes, hat sich also das Market-Research-Team gekümmert. Trotzdem muss der neue Markt natürlich von der Geschäftsführung abgesegnet werden; es ist ja keine kleine Sache. Während seiner Recherche hat die Marktforschung außerdem das Fulfillment konsultiert („Könnt ihr das stemmen?“) und die Rechtsabteilung („Ist das so legal?“). Marketing und IT wurden nur informiert: „Hey, auf euch kommen bald Überstunden zu“.

Auch zu diesem Thema können wir dir natürlich keine Vorschriften machen. Momentan wissen wir ja nicht einmal, ob es bei dir überhaupt eine IT-Abteilung gibt. Solche Details klären wir immer während des ersten ausführlichen Gesprächs.

Gerne möchten wir dir aber schon Best Practices und Denkanstöße mitgeben, damit du zur Not auch ohne uns deine RACI-Matrix erstellen kannst:

Typische Rollen

Diese Rollen sind in den meisten Use Cases rund um die Internationalisierung wichtig:
  • Geschäftsführung/C-Level
  • E-Commerce-Leitung/Product Owner Shopify
  • Country Manager/Landesteam
  • Tech Lead/Integrationsverantwortliche
  • Marketing/Performance
  • Legal/Compliance
  • Customer Support/Operations

RACI-typische Aufgaben:

Diese Prozesse sollten immer nach der RACI-Methode und wie folgt aufgeschlüsselt werden:
  • Länderauswahl & Priorisierung:
    •  A: Geschäftsführung, R: E-Commerce-Leitung, C: Finance, I: Country-Manager
  •  Store-/Market-Setup:
    • A: E-Commerce-Leitung, R: Tech/Agentur, C: ERP/PIM-Owner, I: Country-Manager.
  • Content-Lokalisierung:
    • A: Brand/Content Lead, R: Lokale Texter:innen, C: Legal, I: Country-Manager.
  • Legal/Compliance-Check:
    • A: Legal, R: Legal / ggf. externer Partner, C: Country-Manager, I: Geschäftsführung.
  • Go-Live-Entscheidung:
    • A: Geschäftsführung/Head of E-Commerce, R: Project Lead, C: Country-Manager, Tech Lead, I: Support & Operations.
So erhältst du einen ersten Eindruck davon, was auf dich und dein Team zukommt, wie Verantwortlichkeiten aufgeteilt werden sollten und welche Rollen tatsächlich – autsch –eine Rolle spielen.


And finally: The Playbook

Und damit sind wir durch. Du weißt jetzt, nach welchen Kriterien du das nächste Zielland auswählen solltest, welche Strategien für den Rollout möglich sind, auf welche KPI es in welcher Phase ankommt und warum eine klare Rollenverteilung so wichtig ist.

Fehlt nur noch das eingangs versprochene Playbook.

Das 8-Wochen-Playbook für Shopify-International-Rollouts

Unser Playbook beschreibt ein strukturiertes Vorgehen für die Internationalisierung im E-Commerce via Shopify Plus. Es basiert auf einem 8Wochen-Modell und definiert klare Phasen, Deliverables und Meilensteine für effiziente Rollouts.

Überblick

Das 8‑Wochen-Modell gliedert sich in vier Hauptphasen:
  1. Zielbild & Discovery (Woche 1–2)
  2. Setup & Lokalisierung (Woche 3–4)
  3. Testing & Soft-Launch (Woche 5–6)
  4. Full Launch & Stabilisierung (Woche 7–8)
Jede Phase enthält klar definierte Aufgaben, Verantwortlichkeiten und erwartete Ergebnisse. Ergänzend dienen die Meilensteine M1–M4 als übergeordnete Kontrollpunkte.

Woche 1–2: Zielbild & Discovery

Ziele: Strategische Klarheit, Marktvalidierung, definierter Scope.

Aktivitäten:
  • Finalisierung der Marktpriorisierung anhand von Scoring- und Cluster-Analysen.
  • Definition von Scope, KPIs und messbaren Erfolgskriterien.
  • Abstimmung mit allen relevanten Stakeholdern und formale Projektfreigabe.
Ergebnisse:
  • Marktentscheidungen dokumentiert.
  • Abgestimmtes Zielbild, Umfang und Anforderungen.
  • Commitment aller beteiligten Teams.

Woche 3–4: Setup & Lokalisierung

Ziele: Technische und inhaltliche Bereitstellung des neuen Shopify-Stores.

Aktivitäten:
  • Store- und Market-Setup (Domain, Währung, Steuerbasis, Preislisten).
  • Integration der zentralen Systeme: ERP, PIM, WMS, Payment Provider, Tax Engine.
  • Content-Setup: SEO-Basics, Produkttexte, Lokalisierungs-Workflows, Übersetzungen über bestehende Content Operations.
Ergebnisse:
  • Shopify-Markt technisch verfügbar.
  • Kernsysteme angebunden.
  • Inhalte lokalisiert und bereit für Tests.

Woche 5–6: Testing & Soft-Launch

Ziele: Sicherstellung der Betriebsfähigkeit und begrenzter Markteintritt.

Aktivitäten:
  • User Acceptance Tests/End-to-End-Tests aller Bestellprozesse, inklusive Storno- und Retouren Flows.
  • Durchführung rechtlicher Prüfungen: Datenschutz, AGB, Steuern.
  • Payment-Tests und Validierung von Steuersätzen.
  • Soft-Launch über begrenzte Kanäle (z. B. Newsletter-Segment, ausgewählte Kampagnen oder Regionen).
Ergebnisse:
  • Technische und rechtliche Freigabe für den Markt.
  • Validierte Orderflows.
  • Erste Nutzer- und Datenpunkte aus dem Soft-Launch.

Woche 7–8: Full Launch & Stabilisierung

Ziele: Vollständiger Marktstart und sichere Übergabe in den BAU-Betrieb.

Aktivitäten:
  • Go/No-Go-Meeting und offizieller Launch.
  • Aktivierung aller relevanten Kampagnen und Kanäle.
  • Tägliches/Wöchentliches Monitoring der definierten Launch-KPIs.
  • Durchführung von Hotfixes und priorisierten Optimierungen.
  • Dokumentation aller Learnings in diesem Playbook für zukünftige Rollouts.
Ergebnisse:
  • Markt vollständig live.
  • Stabile KPIs nach Launch.
  • Abgesicherter Wissenstransfer.

Meilensteine

  • M1: Markt „Go“ nach Priorisierung & Feasibility
    • Abschluss der Discovery-Phase.
    • Entscheidung: Markt wird umgesetzt.
  • M2: Lokalisierungs-Ready („Greenlight für Test“)
    • Setup abgeschlossen.
    • Integrationen und Inhalte bereit für Tests.
  • M3: Launch-Go/No-Go
    • Abschluss des Testings.
    • Entscheidung zum Marktstart.
  • M4: Übergabe an BAU („Markt gilt als stabil“)
    • KPI-Stabilität erreicht.
    • Dokumentation abgeschlossen.
    • Übergabe an die operativen Teams.

Deine Internationalisierung mit dem richtigen Partner

Ganz zum Schluss noch eine wichtige Sache: Natürlich musst du dein Internationalisierungsprojekt nicht alleine stemmen. Wir stehen gerne als zuverlässiger Partner an deiner Seite – vom ersten Strategiemeeting bis hin zur Übergabe an Business As Usual. Buche jetzt deinen Termin für ein unverbindliches Erstgespräch und gemeinsam bringen wir die Sache ins Rollen.

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